ARBOR ALTERA

Unter diesem Titel, den man etwas frei mit „Bäume Anders“, oder „Die andere Sicht auf Bäume“ übersetzen könnte zeigt der Fotoclub Riedau-Zell Fotografien unserer Gefährten – der Bäume. Die Bilder verdeutlichen die verschiedenen Aspekte derselben, einerseits den Blick durch die Krone auf den Himmel und andererseits die innige Verbundenheit über die Wurzeln mit der Erde.

In der Schöpfungsgeschichte aller Erdenvölker spielt der Weltenbaum – Yggdrasil in der germanischen Mythologie – eine zentrale Rolle. Yggdrasil bedeutet so viel wie „Ich- Träger“. Der Weltenbaum verbindet Himmel und Erde, wie auch de ursprüngliche, gottgeschaffene Mensch, als »Bürger zweier Welten«. So gesehen haben Bäume und Menschen mehr gemein als man ahnen möchte. Gleichzeitig stellen Menschen und Bäume auch eine Polarität dar. Der Mensch atmet Kohlendioxid aus und der Baum atmet Kohlendioxid ein und verwandelt dieses mit Hilfe des Sonnenlichts und des Wassers in lebendige Blattmasse und Sauerstoff, den die Menschen und Tiere wiederum einatmen. Dieser Gegensatz drückt sich nicht zuletzt im roten Blut des Menschen und dem grünen Chlorophyll der Pflanzen aus. Rot und Grün sind Komplementärfarben und stehen sich im Farbkreis gegenüber.

Die baumlose, schier endlos erscheinende Landschaft kennen wir aus dem hohen Norden oder von oberhalb der Baumgrenze, am Berg. In den feuchten
Tropenwäldern dagegen, wird die gesamte Landschaft zum Baum, zum Kronen-Innenraum. Sogar die wenigen Kräuter wandern – samt Tierwelt – hoch oben in die »hängenden Böden« des allgegenwärtigen Blätterdachs.
In der traditionellen mitteleuropäischen Kulturlandschaft wechseln Mischwälder rhythmisch mit Weiden, Äckern und Dörfern. Der Waldrand und die eingrenzenden Hecken der Felder, mit ihrer Vielfalt an Sträuchern und Stauden, sind artenreiche und ausgeglichene Übergangsorte, wo es – anders als in der Tundra oder im Regenwald– angenehm zu verweilen ist.
Die mächtigsten (Sequoiadendron giganteum) und ältesten (Pinus longaeva) Bäume sind auf dem amerikanischen Kontinent zu finden, da wo die Kräfte der Erde sich am stärksten manifestieren. Das Holzvolumen von General Sherman, dem voluminösesten lebenden Baum der Erde, wird auf 1500 m 3  geschätzt. Im Osten Asiens trifft man auf die elastischen und leichten Bambusgewächse.

Ein Gegensatz, der nicht größer sein könnte und auf die variierenden Kraftverhältnisse der verschiedenen Erdregionen hinweist. Nicht zuletzt ist auch das Wesen und die äußere Erscheinung der Menschen davon betroffen.Bäume schaffen Räume Im Wald fühlt man sich als Mensch eingehüllt und geborgen, gewissermaßen aufgenommen und getragen von einem, auf unzähligen Säulen stehenden, grün- lebendigen Gewölbe. Als gestresster Zeitgenosse sucht man dieses Erlebnis des »Waldbadens« wieder bewusst und als Ausgleich.An freistehenden Bäumen kann man erleben, dass der erzeugte Raum – je nach Baumart – qualitativ eine ganz charakteristische Gestalt annimmt. An dieser Stelle sei besonders die Linde erwähnt, die gerade jetzt zur Sommersonnenwende
(Mittsommer) eine herausragende Rolle einnimmt. In der Vergangenheit fanden unter der Linde Dorffeste oder andere soziale Ereignisse statt.

Die Linde ist ein Mittsommerbaum, sie ist ein Baum der Ekstase, sie ist ein Baum des Lebens, ihre Blüten, der Honig, die Blattknospen und Früchte sind Nahrungsmittel, sind ein therapeutisches Hausmittel, finden Einsatz in der Medizin und Kosmetik. Hunderte Orte in Deutschland und Österreich (z.B. Linz) tragen in ihrem Namen das Wort Linde oder haben eine Beziehung dazu. Der Name Leipzig z. B. kommt aus dem Slawischen Lipko und bedeutet Lindenort oder der Name Lindau ist aus dem alemannischen Lindou abgeleitet.

Im Jahreskreis ist der Winter, die Wintersonnenwende, der Gegenpol. Auch hier wird gefeiert, aber man ist im Haus. Der Mensch wird inniger, d.h. er zieht sich mehr ins Innere zurück. Es ist kein Zufall, dass in die Mittwinterzeit Weihnachten fällt. Und da spielen eher die Tanne oder Fichte eine Rolle. Sie haben inneres Feuer und Wärme. Wintersonnenwende und Sommersonnenwende sind starke Polaritäten. Im Sommer selbst gibt es noch eine Polarität zwischen Linde und Eiche. Die Eiche ist mehr das Männliche, das Kraftvolle und die Linde das Weibliche, das Gütige,Energiespendende, Lebengebende.
In den baltischen Ländern werden beide Bäume zur Mittsommerwende verehrt.

Besonderheit der Bäume
Der immer-lebendige »Kambiummantel«, unter der Rinde, bringt alljährlich einen Holzring des massiv wachsenden Stammes hervor. Wir haben es an dieser Stelle mit einer eigenen Art von »Pflanzlichkeit« zu tun, die keine Blätter, Blüten oder Früchte hervorbringt, sondern in eine im Absterben begriffene Holzmasse hineinführt. So entsteht das dauerhafte Holzgerüst des Baumes, aus Stamm, Ästen und Zweigen.

Man könnte also von einer Art »aufgestülpter Erde« in der Landschaft sprechen, wobei darauf die unzähligen Jährlinge in Form der Blätter und Blüten wachsen.
Anders gesagt: Das „Baumgrün“ bringt ihre eigene „Erde“ (gemeint ist damit die Holzmasse im Stamm und den Ästen) hervor, wobei es über das gemeinsame Kambium lebendig miteinander verbunden ist. »Die Bäume scheinen unter allen Pflanzen die edelsten, weil ihre unzähligen
Individuen so sehr mittelbar nur noch an der Erde hängen, und gleichsam schon Pflanzen auf Pflanzen sind« (Novalis).

Der Fotoclub Riedau-Zell wünscht einen schönen und inspirierenden Aufenthalt in unserer Ausstellung im Lignorama

Herzlichst die Mitglieder des Fotoclubs Riedau-Zell

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